Neue Horizonte für den ursprünglichsten aller Sinne in Kunst, Kommerz und Wissenschaft

Gerüche rufen Bilder und Emotionen in uns hervor, Erinnerungen, unmittelbarer als es alle anderen Sinneseindrücke tun. Hirnanatomisch mündet das ”Riechhirn“ direkt in das ”Erinnerungszentrum“. Neuronale Verknüpfungen kommunizieren in beide Richtungen – mit visuellen Eindrücken, die Emotionen auslösen, lassen sich somit auch Gerüche verknüpfen. Auf dieser Basis entwickelte die Darmstädter Designerin und Kommunikationsexspertin Ingeborg Scheer das Zeichensystem für olfaktorische Sinneseindrücke „Olfatype“.

Die olfatypografischen Übersetzungen sind beeindruckende, außerordentlich ästhetische Kunstwerke. Doch auch das Potenzial für Wissenschaft und Wirtschaft ist attraktiv. So könnten Sensoriklabors damit neuartige Tests durchführen, und für die Entwickler von olfaktorischen Essenzen entstünden interessante Möglichkeiten zur besseren Produktabstimmung mit ihren Kunden.

Ein spannender Nebeneffekt der Olfatype: Der Visualisierungsprozess schärft das Geruchsempfinden.

Dies ließe sich durch die Anregung neuer neuronaler Verknüpfungen im Gehirn erklären. Auch hier eröffnet sich ein breites Feld von Einsatzmöglichkeiten wie beispielsweise die Ausbildung von Parfumeuren. Und in der Medizin könnte eine Olfatype-gestützte Therapie für Menschen, die ihren Geruchssinn verloren haben, neue Heilungschancen bringen.

Die Erfinderin

Kurzportrait

Ingeborg Scheer, Jahrgang 1965, lebt und arbeitet seit mehr als 35 Jahren in Darmstadt. Hier absolvierte sie ihr Studium für Kommunikationsdesign an der FHD. Vor drei Jahren beschloss sie, sich auch zur PR-Beraterin zu qualifizieren. Seit 1996 ist sie zudem in der Erwachsenenbildung tätig.

Heute leitet Scheer die Agentur dasign, die sie vor zehn Jahren als Konzeptagentur für Kommunikation und Medien gründete. Diese bedient regionale Mittelständler, Non-Profti-Unternehmen bis hin zu Weltkonzernen aus einer Vielfalt unterschiedlicher Branchen.

Im Vordergrund des Wirkens steht das Thema „Identität gestalten“ für Unternehmen und Marken. Dahinter steht ein umfangreiches Leistungsspektrum, Ideenreichtum – und viele kluge Köpfe.

Die Grundzüge der Duftschrift entwickelte die vielseitige Kreative bereits in 1991 als Abschlussarbeit ihres Design-Diploms. „Ich wollte diese geniale Erfindung schon immer mit Wissenschaft und Wirtschaft verbinden“ berichtet sie „aber meine berufliche Entwicklung war zunächst wichtiger.“

Jetzt ist die Zeit jedenfalls reif, diverse interessante Projekte sind in Planung. Wir dürfen gespannt sein!

Olfatype-Galerien

Die Olfatype Zeichenwelt: Riechen sehen lernen

Das Zeichensystem für olfaktorische Sinneseindrücke „olfatype“ wurde erfunden und entwickelt von der Darmstädter Designerin und Kommunikationsexspertin Ingeborg Scheer. Eine Basis lieferte die Hirnforschung: Gerüche rufen Bilder und Emotionen in uns hervor, Erinnerungen, unmittelbarer als es alle anderen Sinneseindrücke tun. Hirnanatomisch mündet das ”Riechhirn“ direkt in das ”Erinnerungszentrum“.

Da neuronale Verknüpfungen in beide Richtungen kommunizieren, schloss Scheer daraus, dass sich umgekehrt mit visuellen Eindrücken auch Gerüche verknüpfen lassen müssten, über den gemeinsamen Nenner im „Erinnerungszentrum“ – den Emotionen. Die visuelle Umsetzung in Zeichen hat ebenfalls System. Es ist erwiesen, dass alle Menschen die fünf elementaren Grundsymbole Kreis, Quadrat, Dreieck, Spirale und Kreuz emotional gleich verstehen, ebenso Richtungs- und Bewegungslinien. Die Formel lautet somit:

riechen = emotionalisieren = visualisieren

Dabei lässt sich kein Geruchseindruck mit einem einzelnen Zeichen abbilden – ein Ton macht noch keine Musik. Mehrere Zeichen im optischen Zusammenklang bilden die Geruchskomposition ab. Die Gewichtung einzelner Geruchselemente, ob intensiv oder zart, dominant oder untergründig, werden über die Größe des jeweiligen Zeichens beschrieben.

Neue Verknüpfungen im Kopf erweitern die Wahrnehmung

Ein spannender Nebeneffekt der olfatypes: Durch den Visualisierungsprozess schärft sich das Geruchsempfinden der umsetzenden Person deutlich. Das bis dahin via Nase eher unbewusst Wahrgenommene erschließt sich mehr und mehr dem Bewusstsein, was sich durch die Anregung neuer neuronaler Verknüpfungen im Hirn erklären ließe.

Schöne Aussichten für guten Geschmack

Die ansprechend designte Speisekarte im Goldenen Huhn hat zwei Spalten. Gedruckt auf edlem Bütten, steht der gemandelten Poulardenbrust an Safranrisotto mit glacierten Ingwermöhren eine kalligrafisch anmutende Zeichenkomposition aus variierenden Formen und geschwungenen Linien gegenüber. Was auf den ersten Blick wirkt wie Chinesisch oder Arabisch, ist tatsächlich eine Übersetzung: ins Olfaktorische. Die Aromenkomposition des Gerichts wird mit Zeichen beschrieben, die das ausdrücken können, was der Sprache nicht gelingt. So hat der Gast Einblick in das kommende Genusserlebnis, wählt tatsächlich ganz nach Geschmack. 

„Es ist fantastisch“ konstatiert Inhaber und Chefkoch Bert Vanbeuren, „unsere Gäste sind absolut begeistert. Einige haben sich olfatype-Bilder ihrer Lieblingsgerichte als Drucke rahmen lassen!“ Das früher trotz guter Qualität nur mäßig beachtete Frankfurter Restaurant ist nun Abend für Abend ausgebucht. In Berlin und Hamburg wurden bereits Filialen eröffnet, weitere sind geplant. Die beliebtesten von Vanbeurens Kreationen erscheinen demnächst als Gourmetkochbuch. „Nicht ohne meine Olfatypografin“ schmunzelt er, „mehr wird nicht verraten!“

Die Holzmindener Duftdesignerin Isa Riken, deren aktuelle Parfumkreation „Furore“ sie zum Shooting-Star der Branche machte, kombiniert seit neuestem die erlesenen Essenzen nicht nur im Glaskolben. Sondern auch als Zeichenkomposition auf dem Bildschirm. 

„Früher habe ich für einen neuen Duft oft viele Tage im Labor verbracht. Jetzt mache ich mir einfach ein „scolf“, einen olfatypografischen Scan meiner Duftidee. Diese feile ich am Bildschirm aus, erst dann mische ich die Essenzen“, erklärt sie. Damit spare sie nicht nur Zeit und Material, vor allem sei sie viel freier in ihrer Kreativtät. „Meinen Laptop kann ich überall mit hinnehmen und mich an vielen Orten inspirieren lassen – endlich raus aus dem Bunker!“ lacht Riken. „Furore“ entstand nachts auf einer brasilianischen Hochzeit“. 
Derzeit in der Pilotphase: Duft-Abstimmung mit Kunden via scolf sowie die olfatype-gestütze Ausbildung von Nachwuchs-Duftdesignern.

Heute noch fiktiv, könnten Szenarien wie diese bald Wirklichkeit sein. Das Zeichensystem für olfaktorische Sinneseindrücke „olfatype“ ist es jedenfalls schon!

Zeichenkompositionen von schön bis nützlich

Kein Geruchseindruck lässt sich mit einem einzelnen Zeichen abbilden – ein Ton macht ja auch noch keine Musik. Ein olfatypo- grafisches Bild besteht daher immer aus mehrere Zeichen im optischen Zusammenklang. Die Bildkomposition bildet so die Geruchskomposition ab. Die Gewichtung einzelner Geruchselemente, ob intensiv oder zart, dominant oder untergründig, früh oder spät wahrnehmbar werden über Reihenfolge, Größe und Platzierung des jeweiligen Zeichens beschrieben. 

Was schön ist, ist auch richtig – behaupten zumindest die Bioniker.

Anbei finden Sie Beispiele von olfatypografischen Umsetzungen, einmal als ästhetische Kunstwerke sowie als „Scolfs“. („Scolf“ ist die Abkürzung für den olfaktorischen Scan einer Duftmischung für Produkte, also Olfatype im kommerziellen Einsatz zur Abstimmung zwischen Parfumeuren oder Aromaherstellern und ihren Kunden.)

Die Galerie wird regelmäßig aktualisiert und erweitert – schauen Sie also gerne öfter mal vorbei!